Social Startup will direkten Draht zur Politik schaffen

Die Gründerin Franziska Hollstein hat gemeinsam mit ihrem Team den Demokratie-Wegweiser aufgebaut. Das Online-Tool soll gerade auch auf der kommunalen Ebene die Barrieren zwischen Politik und Bürgerinnen und Bürgern abbauen. 

Auf dem Schulweg der Tochter fehlt ein Fußgängerübergang. Der große Platz im Zentrum der Stadt könnte zum Verweilen einladen, doch es gibt keine Sitzmöglichkeiten. Und der Bus müsste nur einen Schlenker fahren, damit das neue Einkaufszentrum auf seiner Route liegt. Oft sind es Dinge, die sich direkt vor unserer Haustür abspielen, die uns in unserem Alltag auffallen und an denen wir etwas ändern möchten. So beginnt politische Teilhabe.

Die Frage ist allerdings, an wen sich Bürgerinnen und Bürger mit ihren Anliegen wenden können? Wer ist zuständig? Der Bund? Das Land? Oder die Kommune? Und wenn es zum Beispiel die Kommune ist, welches Ratsmitglied fühlt sich dann für die Themen in einer bestimmten Straße oder einem bestimmten Stadtviertel verantwortlich? 

Kooperationen mit Kommunen

Das herauszufinden ist laut Franziska Hollstein bislang gar nicht so einfach. „Selbst als Profi muss ich für die Recherche mindestens eine halbe Stunde einplanen. Das haben wir getestet“, verrät die Gründerin. Zunächst einmal muss ich wissen, in welchem Wahlbezirk ich lebe beziehungsweise in welchem Wahlbezirk sich mein Anliegen befindet. Und dann stellt sich die Frage, welche Person aus dem Stadt- oder Gemeinderat in diesem Wahlbezirk bei den jüngsten Kommunalwahlen gewonnen hat. Diese Informationen werden bislang in keiner Datenbank zentral erfasst und miteinander verknüpft. Um das zu ändern, hat Franziska Hollstein zusammen mit ihrem Co-Gründer Klas Roggenkamp den Demokratie-Wegweiser erfunden. 

„Unser Tool ist wie eine Google Maps-Karte für die Politik“, erklärt die Gründerin und ergänzt: „Ich schreibe eine Adresse in das Suchfeld und nach einem Klick weiß ich, wer an diesem Ort zuständig ist, im Stadtrat, im Landtag, im Bundestag und im EU-Parlament.“ Bislang gibt es auf der Karte allerdings noch einige Löcher. Diese betreffen vor allem die kommunale Ebene. Denn hier ist die Recherche laut Franziska Hollstein aufgrund von fehlenden Standards für die Ratsinformationssysteme besonders mühevoll. Gleichzeitig ist die Gründerin davon überzeugt, dass es gerade für Kommunalpolitikerinnen und -politiker wichtig ist, dass sie ihre Daten selbst pflegen können. Schließlich handelt es sich um Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler, die kein Abgeordnetenbüro haben. Sie sollten selbst darüber entscheiden, welche Kontaktdaten sie im Netz veröffentlichen und diese im Fall von Hass oder Hetze auch schnell wieder löschen können.

Kommunikation auf Augenhöhe 

Deshalb sucht das Team des Demokratie-Wegweisers bewusst die Kooperation mit den Kommunen. „Wenn die Kommunen den Wegweiser auf ihrer Website einbinden, bekommen die Ratsmitglieder einen Zugang und können ihre Daten selbst einpflegen“, erklärt Franziska Hollstein. Das Social Startup berechnet für diesen Service je nach Größe der Kommune zwischen 20 und 200 Euro pro Monat. Die ersten drei Kommunen aus Nordrhein-Westfalen haben bereits zugesagt. Im Herbst soll der Demokratie-Wegweiser auf ihren Internetseiten veröffentlicht werden.

Der Anfang ist also gemacht. Franziska Hollstein schwebt mit ihrem Online-Tool aber noch mehr vor. Langfristig soll der Demokratie-Wegweiser nicht nur bundesweit auf den Websites aller Kommunen eingebunden sein. Die Gründerin will die Plattform auch um einen Chatbot erweitern, dem die Bürgerinnen und Bürger ihr Anliegen schildern können. Das auf Künstlicher Intelligenz basierende Dialogsystem filtert dann nicht nur die zuständige Ansprechpartnerin oder den zuständigen Ansprechpartner aus der Politik heraus, sondern erstellt auch einen Gesprächsleitfaden für das anstehende Telefonat oder formuliert eine entsprechende E-Mail. Für Franziska Hollstein sieht so Kommunikation auf Augenhöhe aus, die es mehr Menschen ermöglichen soll, an unserem demokratischen System mitzuwirken.