„Es ist wichtig, dass Wahlen fehlerfrei durchgeführt werden“

Monika Wißmann ist die nordrhein-westfälische Landeswahlleiterin. Im Interview spricht sie über das Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung und warum auch die Bürgerinnen und Bürger bei demokratischen Wahlen eine „Wächterfunktion“ haben.

Liebe Frau Wißmann, als Landeswahlleiterin sorgen Sie für einen ordnungsgemäßen und korrekten Ablauf der Wahlen in Nordrhein-Westfalen. Das gilt allerdings nicht für die Kommunalwahlen, die in „Eigenregie“ von den Kommunen durchgeführt werden. Warum gibt es diese Besonderheit?

Die Eigenständigkeit der Städte, Gemeinden, Kreise und des Regionalverbands Ruhr bei der Organisation und Durchführung der Kommunalwahlen ergibt sich aus dem Prinzip der kommunalen Selbstverwaltung. Dieser Grundsatz hat Verfassungsrang. Er ist in Artikel 28 Absatz 2 Grundgesetz und Artikel 78 Absatz 1 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen festgeschrieben. Zur Selbstverwaltung gehört auch, dass die demokratischen Wahlen, in denen die Gemeindeangehörigen ihre Vertretungen und Spitzenbeamte wählen, von den Gemeinden selbst organisiert und verantwortet werden.

Das heißt allerdings nicht, dass die Durchführung der Kommunalwahlen von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich gehandhabt werden kann. Alle müssen gleichermaßen die verfassungsrechtlichen Wahlgrundsätze allgemeiner, gleicher, unmittelbarer, geheimer und freier Wahlen gewährleisten. Die Spielregeln dafür sind sehr genau im Kommunalwahlgesetz und in der Kommunalwahlordnung vorgeschrieben. Über ihre Einhaltung wachen nicht nur die Wahlleitungen und Wahlausschüsse bei den Kommunen und der Landeswahlausschuss als Beschwerdeinstanz, sondern auch die Kommunalaufsicht bei den Landräten, Bezirksregierungen und dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung. 

Warum braucht es bei einer demokratischen Wahl eine solche Wächterfunktion? 

Es ist wichtig, dass Wahlen fehlerfrei durchgeführt werden. Davon hängt auch das Vertrauen in die Demokratie ab. Alle Wahlberechtigten müssen sicher sein können, dass sie ihr Wahlrecht unter gleichen Bedingungen wahrnehmen und die von ihnen abgegebenen Stimmen in das Wahlergebnis einfließen.  Da eine Wahl ein sehr komplexes Projekt mit vielen Beteiligten ist, gibt es an mehreren Stellen Fehlerkontrollen und Korrekturmöglichkeiten. Diese „Wächterfunktion“ haben nicht nur die Wahlämter, die Wahlleitungen und die Wahlausschüsse, sondern vor allem die Bürgerinnen und Bürger selbst. So gilt in den Wahlvorständen, die ja durch Wahlberechtigte besetzt werden, das Mehraugenprinzip. Außerdem gilt das Prinzip der Öffentlichkeit. Der Wahlvorgang und die Auszählung der Stimmen dürfen zu jeder Zeit von den Bürgerinnen und Bürgern beobachtet werden, im Übrigen auch von nicht Wahlberechtigten. Und auch Wahlausschüsse, die die Wahlvorschläge zulassen und das amtliche Endergebnis der Wahl feststellen, tagen öffentlich. 

Sie unterstützen die Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen bei der Erstellung der Broschüre „Wahlen schnell erklärt! Ihre Stimme zählt!“, die in Leichter Sprache über die Kommunalwahlen informiert. Warum ist eine solche Publikation wichtig?

Demokratie lebt von der Beteiligung des Volkes. Das heißt, dass wirklich alle einen Zugang zur Ausübung ihres Wahlrechts haben müssen. Dazu gehören wohnortnahe, gut erreichbare, barrierefreie Wahlräumen, das Angebot der Briefwahl für Menschen, die am Wahltag zeitlich verhindert sind, und verständliche Informationen über das Wahlrecht und den Wahlvorgang. Die Broschüre in Leichter Sprache leistet dazu einen wertvollen Beitrag. Sie bietet für alle Wahlberechtigten einen einfachen Zugang zu den wichtigsten Informationen rund um die Wahl. Sie wirkt Hemmnissen entgegen, die durch zu komplexe, bürokratische Sprache entstehen können. Dadurch ist sie von besonderem Wert für Menschen mit Sprach- oder Verständnisproblemen, für Menschen mit Deutsch als Zweit- oder Drittsprache und auch für Schülerinnen und Schüler.